19.-22.06.2025 | Literaturfestival Dante-Zentrum Retz

Auch in diesem Jahr lädt das Dante-Zentrum für Poesie und Poetik zu einem Literaturfestival ein. Das Festival trägt den Titel „Ohne Warum. Die Frage nach den Rosen“.

Als botanisches Wunder gefeiert und geschätzt, als Symbol für Liebe und Verrat, Sinnlichkeit und versteckte Gefahr besungen und gepriesen, ist die Rose in der Literatur nicht nur dem Namen nach (der Buchstabendreher „Rose“ – „Eros“ spricht hier Bände), sondern in all ihren sinnlichen Eigenschaften seit Jahrtausenden präsent.

Dass das Buch „wie eine Rose“ sei, „beim Betrachten der Blätter öffnet sich dem Leser das Herz“, besagt ein persischer Spruch. Im alttestamentlichen Hohelied steht die Rose für Erhabenheit und Größe. Das Evangelium mit seiner Erzählung vom Christusmartyrium erweitert die Bezüge um den Zusammenhang von Opfer und Schmerz. Homer begrüßt die Morgenröte als „rosenfingrige Eos“. Von der altgriechischen Dichterin Sappho wird sie als „Königin der Blumen“ adressiert. Im 13. Jahrhundert entstand der Rosenroman und entfachte, angestiftet von Christine de Pizan, eine folgenreiche frühfeministische Querelle. In William Shakespeares 54. Sonett werden Wildrosen „ohne lieb und ehr“ (Stefan George) von „süssen rosen“ abgesetzt, denen längeres Leben und üppigeres Gedeihen beschieden ist. In Adalbert Stifters Witiko zieht sich „die Frage nach den Rosen“ als roter Faden durch das gesamte Werk.

Obwohl die „rosa“ wortwörtlich der Prosa zu entspringen scheint, blüht sie am inständigsten in den Beeten der Poesie: Rainer Maria Rilke wollte unter einem Rosenspruch begraben sein. Gertrude Stein hat mit ihrem Vers „a rose is a rose is a rose“ das Mantra der modernen Lyrik angestimmt und das Bezeichnete unter der betörenden Bezeichnung beinahe zum Verschwinden gebracht. Ingeborg Bachmann taucht noch einmal in das „Gewitter der Rosen“ ein; Pier Paolo Pasolini verabschiedete 1964 – im selben Jahr wie Paul Celans Die Niemandsrose. – gleich einen ganzen Gedichtband „in Rosenform“. Die denkwürdigen Verse schließlich, von denen wir uns den Titel für unsere Zusammenkunft borgen, gehen auf den Barockdichter Angelus Silesius zurück: „Die Ros ist ohn warum; sie blühet, weil sie blühet, / Sie acht nicht ihrer selbst, fragt nicht, ob man sie siehet“…

Angesichts dieses Befunds, womöglich eher auf die Hunds- oder Heckenrose als auf die langstielige, stolze Rose gemünzt, drängt sich die Frage auf: Wie kann etwas, das so wenig Ehrgeiz darauf verwendet, sich auf dem Feld des Nützlichen zu behaupten, derart unwiderstehliche Macht entfalten? Übt sich die Königin der Blumen heimlich in Anarchie?

Ebenso aus der Zeit gefallen wie in die Zeit gesenkt, verteidigt die Rose ihr Reich, das kein Revier sein will, mit trotziger Magie. Sich nicht behaupten zu müssen, ist ein Teil ihrer Würde, während die wildesten Wetterlagen über ihr Haupt hinwegbrausen. Selbst zurückgestutzt oder gepflückt scheint die anmutige Pflanze sich jeder Vereinnahmung zu entziehen. Im Windschatten der Wirklichkeit ruft ihr Anblick eine Sehnsucht wach, die aus der nicht selbstverständlichen, naturgemäß unergründlichen Erneuerung des Lebendigen erwächst.

„Wenn es wahr ist, Rose, daß du schon einmal geblüht hast, so blühe wieder.“ (Adalbert Stifter)

Dabei ist es durchaus nicht ausgemacht, welches Bild wir vor Augen haben, wenn wir der Rose und ihren hervorstechendsten Merkmalen, den Dornen, ein Denkmal setzen. Zwischen Duft und Dornen, Glanz und Abglanz, Romantik und Dekor, ist die Rose seit Jahrhunderten vor allem ein Produkt der Zivilisation. Bis zum 19. Jahrhundert blühte sie nur wenige Wochen im Jahr; neue Züchtungen verlängerten und steigerten ihre Blüte. Unter dem Klimawandel hat die Pflanze, die anscheinend mit ein bisschen Vernachlässigung am besten gedeiht, sehr wohl zu leiden. ?

Von der „Frage nach den Rosen“ (A. Stifter) inhaltlich geleitet, doch ebenso für ihre sinnlichen Qualitäten empfänglich, will auch unser Festival seinen kleinen Rosengarten bestellen. Dafür werden wir, wie immer an Dantes Göttliche Komödie (1307-1320 ca.) anknüpfend, zunächst der Prachtentfaltung der „mystischen Rose“ nachgehen, die den strahlenden Höhepunkt der Jenseitsreise bildet. Neben den Prozessen der „poetischen Photosynthese“ in ausgesuchten künstlerischen und kunstgeschichtlichen Beiträgen darf dabei das Gedenken an die Rose als Symbol des politischen Widerstands nicht fehlen: Die Flugblätter der „Weißen Rose“ stehen bis heute für den politischen Mut einer Gruppe von jungen Menschen, deren tragische und beispielhafte Geschichte für die Dichterin Ilse Aichinger nicht umsonst zum Inbegriff einer „größeren Hoffnung“ wurde.

Ohne Warum. Die Frage nach den Rosen
Literaturfestival Retz

Veranstaltungstermin: 19. bis 22. Juni 2025
Veranstaltungsort: Dante-Zentrum für Poesie und Poetik, Wienerstraße 9A, 2070 Retz (Österreich)